Sketsch der „5 Aselanten" beim Festakt „800-Jahre-Asel-Show"

am 20.5.2011 im Festzelt in Asel

 

"Historischer Dorftratsch"

Rahmenhandlung:

Aseler Menschen einer früheren Zeit begegnen sich am Dorfbrunnen.

 

Personen sind:

eine Bäuerin (Lisa Knöchelmann)

        ein Bauer (Johannes Knöchelmann)

eine Magd (Michelle Biermann)

ein Müller (Sebastian Struck)

der Pfarrer des Ortes (Simon Knöchelmann)

 

 

Text und Regie: Martin Knöchelmann

Für die Leihgabe des Brunnens und der historischen Kleidung und Requisiten danken wir ganz herzlich:

dem Heimatmuseum der Gemeinde Harsum

dem Heimatmuseum der Gemeinde Algermissen

der Theatergruppe der Kolpingfamilie Algermissen

 

 

Der Dorfbrunnen wird aufgebaut. Das Licht verändert sich. Es wird dunkler. Die Nebelmaschine wird in Gang gesetzt. Die Auftretenden werden von einem auf sie gerichteten Scheinwerfer in Szene gesetzt.

Bauer, Bäuerin und Magd treten auf, gehen zum Brunnen.

Die Frauen schöpfen Wasser.

Na, Lieschen, hat eure Kuh nun endlich gekalbt? – Ja, Magda, es ist ein ausgesprochen niedliches Kälbchen geworden. -

Wie schön, dass es diesen Dorfbrunnen gibt. Er ist nicht nur Wasserquelle für uns, sondern auch ein guter Treffpunkt mit Gelegenheit zum Plaudern. – Hoffentlich wird es den Dorfbrunnen immer geben. – Warum soll es den eines Tages nicht mehr geben? – Na ja, denk mal, er würde eines Tages zerstört, durch einen Krieg oder so. – Das glaube ich nicht. Und wenn er jemals zerstört werden sollte: ich bin mir sicher, unsere Dorfältesten würden bestimmt alles tun, um ihn wieder aufzubauen, und zwar samt dem schönen Platz darum herum, auch wenn man denken würde, sie werden damit nie fertig.

 

Der Müller betritt die Bühne mit einem Sack Getreide.

Hey, Müller, hast du dein Getreide schon zur Mühle nach Hasede gebracht? – Ja, aber ich sage dir: Der Mühlenweg nach Hasede ist beschwerlich und weit. – Ich habe neulich am Stammtisch im Grafenwirt gehört, dass die bischöfliche Wasserwirtschaft eine künstliche Wasserstraße zwischen den Siedlungen Asel und Hasede bauen will. - Ach, Bauer Heinrich, das ist doch Unsinn. Eine künstliche Wasserstraße zwischen den Siedlungen Hasede und Asel? So etwas kommt nie. Und wenn doch: dann würde die für uns zuständige bischöfliche Landschaftsverwaltung bestimmt Brücken bauen und diese Brücken nie abreißen, damit wir da immer gut hinüber kommen werden. (kleine Pause) Außerdem habe ich im Grafenwirt auch gehört, dass wir demnächst unsere eigene Mühle bekommen. – Eigene Mühle? Ist das wahr? Dann muss ich nicht mehr den beschwerlichen Mühlenweg nach Hasede machen? Oh ja, eine eigene Mühle für Asel! Ja, das wäre gewiss ein Fortschritt für unser Dorf – und ein neuer Dorfmittelpunkt.

Habt ihr die dreckigen Wege in unserem Dorf gesehen? Diese Harsumer mit ihren Panjewagen. (wütend) Ich sage dir: ständig fahren sie durch unsere Siedlung, zerfurchen die Wege und ihre Gäule kacken alles voll. - Und wer muss den Mist wegmachen? Wir! – Dem soll jetzt Abhilfe geschaffen werden. Das haben unsere Dorf- Ältesten beraten. Es soll endlich der Wegezoll für die durchfahrenden Harsumer eingeführt werden. – Na, das wird aber auch allerhöchste Zeit.

Neulich wurde unser Dorfschulze von den Harsumer Reiheleuten verprügelt. Er soll hinter einer Harsumer Ische her geguckt haben. - Na ja, da hat der Dorfschulze wohl mehr als nur hinter her geguckt. Wer weiß, was er noch alles gemacht hat. - Jedenfalls hat man ihn zerschunden „am Bache" liegend aufgefunden.

Ich finde, wir sollten mit unseren Nachbardörfern Freundschaft schließen. – Freundschaft mit Nachbardörfern? Mit Harsum etwa? - Oder etwa mit Borsum? - Womöglich noch mit den feinen und hochnäsigen Stadtbewohnern aus dem Potte? Das geht nicht. – Warum geht das nicht? – Schau mal: Zwischen den Dörfern ist das wie zwischen den Familien: Mit den Nachbarn, mit denen man jeden Tag auskommen muss, gibt es viele Streitigkeiten. Mit den entfernten Verwandten, die man nur ab und zu einmal besucht, versteht man sich viel besser. (richtet sich auf und sagt betont) Glaubt mir, ich sage euch: Ehe wir wirklich mit einem unserer Nachbardörfer Freundschaft schließen, werden wir es (er zeigt mit dem ausladenden Arm weit weg) vielleicht eines Tages mit einem entfernt gelegenen ausländischen Bergdorf tun.

 

Pfarrer tritt auf, das Brevier (Gebetbuch) in der Hand..

Die anderen wenden sich leicht verbeugend zu ihm.

Grüß Gott, Herr Pfarrer. – Grüß Gott, meine lieben Kinder. Sag, Müller, warst du gestern eigentlich in der Frühmesse? Ich hab dich gar nicht gesehen. – Aber na klar war ich da, Hochwürden. Habe ganz hinten in der letzten Bank gesessen. Is’ ja morgens immer so voll in der Kirche, da können Sie ja gar nicht alle sehen. – (Bauer) Herr Pfarrer, warum haben wir eigentlich diese alte, herunter gekommene Orgel aus der St. Nikolai-Kirche in Hildesheim übernommen und bei uns eingebaut. Hätten wir uns für unsere schöne Kirche St. Catharina keine neue leisten können? Wir Bauern hätten gewiss gern großzügig gespendet, dass wissen sie doch, Herr Pfarrer. – (Pfarrer) Gewiss, gewiss, Bauer. Es ist aber keine alte, herunter gekommene Orgel, sondern ein gute erhaltenes, historisches Exemplar. Eines Tages werden eure Nachfahren stolz sein auf diese mittelalterliche Orgel, die weit und breit ihres Gleichen sucht.

(Die Frauen unterhalten sich) Mensch, Lieschen, hast du schon das Neuste gehört? Familie Budde, dort gegenüber der Eiche, hat heute Nacht ein Kind bekommen. Ich habe es von der Hebamme erfahren. – Und? Was ist es denn geworden? – Ein strammer Bursche soll es sein. – Pfarrer: Ich weiß es schon. Man hat ihn bei mir bereits zur Taufe angemeldet. Sein Name soll übrigens Josef sein.

Eiche? Hast du eigentlich eben Eiche gesagt? Hast du unsere 700 Jahre alte Eiche in letzter Zeit einmal näher betrachtet? – Ja, sie hat schon einen Durchmesser von fast 5 Metern. – (verächtlich) Ach, Durchmesser von 5 Metern. Das meine ich nicht. Man, die sieht schlecht aus! Guck sie dir doch mal näher an. Die macht nicht mehr lange, sag ich dir! Die stirbt bald ab! – Ja, du hast wohl Recht. Ich finde auch, sie sieht nicht mehr so gut aus. Dann werden wohl künftige Generationen gar nicht mehr in ihrem mächtigen Schatten sitzen können? Wie schade. - Vielleicht sollten wir sie mehr bewässern oder uns sonst ein bisschen mehr um sie kümmern; sonst weiß man vielleicht später gar nichts mehr von diesem Baum, der heute weit über unsere Grafschaft hinaus bewundert wird.

Die Männer leise: Du, Müller Hans, Weißt du schon das Neueste? Unser Herr Pfarrer will Bischof werden! – Was? Wirklich? – Ja, wie sein großes Vorbild, Bischof Johann von Asel. Dieser Johann war doch vor über 200 Jahren ein bedeutender Bischof von Verden, der berühmteste Sohn unseres Dorfes. Nach dem ist doch auch der Weg neben der Kirche benannt. „Was der kann, kann ich auch", hat der Herr Pfarrer neulich beim Grafenwirt getönt, (lacht) na ja, da hatte er allerdings bereits 5 große Humpen getrunken. – Pfarrer: Was tuschelt ihr da? Habe ich richtig gehört? Was sprecht ihr über mich? – Oh, Hochwürden, nichts Besonderes. Wir, äh, wir sagten nur, dass Ihre Predigt am letzten Sonntag wieder ganz ausgezeichnet war. – Ja, das fanden wir alle. – Na, dann ist es ja gut.

Bauer Heinrich, kommst du heute Abend mit in den Grafenwirt? – Na klar, gern. Lass uns den Tag mit einem guten Tropfen beenden. Den haben wir uns heute verdient. –

Und wo treffen wir uns, Lieschen? Auf der Bank unter der Eiche? – Ach, Magda, es ist schade, dass wir keinen wirklichen Treffpunkt haben. Für uns Frauen wird hier in diesem Dorf viel zu wenig gemacht. -

 

(Bauer, die Bäuerin zurecht weisend) Lieschen, Ich finde, du mischt dich als Frau viel zu viel in die Dorfpolitik ein. Sieh zu, dass du deinen Hof in Ordnung hältst, kümmere dich um das Vieh und koch das Essen. Und überlass die Männersachen auch den Männern. (Im Brustton der Überzeugung) Die verstehen davon wenigstens was! – Ich verstehe davon auch was. Ich könnte genauso gut Ortsvorsteherin sein ... – alle drei Männer entsetzt: Wie? Du? Ortsvorsteherin? (Schallendes Gelächter der drei Männer; Pfarrer, nimmt Frau behutsam am Arm) Schau, mein liebes Kind, du bist eine wirklich gute Bäuerin am Rande unserer Dorfschaft / und du hast bei der letzten Beichte auch erstaunlich wenig Sünden gebeichtet / aber glaube mir: eine Frau als Ortsvorsteherin wird es in unserem Dorf nie geben!

(Licht aus. Personen bleiben auf der Bühne)